Spiritualität und Tourismus in Barnim und Uckermark“ am Kloster Chorin

Sven Alhelm

Kongress | Samstag, 30. Nov 2019

Spiritualität und Tourismus in Barnim und Uckermark“ am Kloster Chorin

Sven Alhelm

Kongress | Samstag, 30. Nov 2019
[origineel]

Guten Tag,

Ich möchte Ihnen zuerst einmal zeigen woher ich komme.

Das ehemalige Zisterzienserkloster Chorin liegt etwa 60 Km nordöstlich von Berlin.

Es gehört zu den architektonischen Schmuckstücken des Landes

Brandenburg. Das wusste man nicht immer zu schätzen,

weshalb es nach der Reformation 1542 im Lauf der Jahrhunderte zur Ruine zerfiel.

Was soll man tun mit einem ehemals geistlichen Ort, der seine ursprüngliche Nutzung verlor.

Mitte des 19. Jahrhunderts sorgte Karl-Friedrich Schinkel dafür, dass die Anlage erhalten bleibt.

Man wollte die architektonische Bedeutung des Klosters Chorin als Bau der Backsteingotik dem kulturinteressierten Publikum zugänglich machen.

Seit etwa 1900 wird die Klosteranlage für Besichtigungen und kulturelle Ereignisse genutzt. Wie hier auf einer Postkarte von 1910 zu sehen ist.

Obwohl die ehemalige Klosteranlage auch zur Zeit der DDR in staatlicher Hand war, fanden hier immer auch kirchliche Veranstaltungen statt. Katholische und Evangelische Kirchenfeste und Andachten.

Seit einigen Jahren gibt es Ausstellungen zur Geschichte der Nutzung und des geistlichen Lebens, es finden große Konzerte statt,

mit jeweils mehr als 1500 Besuchern und Paare können hier standesamtlich und kirchlich heiraten.

Die Räume des ehemaligen Klosters können für Tagungen, Seminare u.ä. gemietet werden.

Vor drei Jahren entstand die Idee, den ursprünglichen Geist des ehemaligen Klosters wieder mehr erfahrbar zu machen und es gelang Fördermittel aus dem Europäischen Sozial Fonds und von der evangelischen Landeskirche zu bekommen. Aus diesem Geld wird meine Arbeitsstelle bezahlt.

Seit einiger Zeit sind europaweit Angebote im Bereich des sanften Tourismus stark nachgefragt. Dazu gehören die Bereiche Gesundheit, Naturerleben, Spiritualität und Nachhaltigkeit. Menschen nutzen ihre freie Zeit um sich religionsunabhängig spirituell aufzuladen Sie möchten die  Verbindung zwischen sich selbst und etwas göttlichem, besonders im Umfeld schöner Natur erfahren.

Ich bemühe mich Akteure aus dem Tourismus und Anbieter aus dem Bereich Spiritualität miteinander ins Gespräch zu bringen. Dazu gab es bisher zwei Tagungen mit Referaten zum Thema Gastfreundschaft, Pilgern auf dem Jakobsweg, über Gefühle des Einzelnen in der Gemeinschaft, und mit vielen Gesprächen.

Ziel dieser Tagungen war, sich gegenseitig besser zu verstehen, Gedankenanstöße zu bekommen, in einen Erfahrungsaustausch zu treten und miteinander zu werben.

Im Kloster Chorin selbst habe ich verschiedene Angebote entwickelt, die das touristische, kulturelle Angebot ergänzen: Es gibt einen meditativen Rundgang, ein Leporello mit einigen geistigen und geistlichen Anregungen zu bestimmten Stellen in der Klosteranlage. Die Gäste sind eingeladen Ihr eigenes Leben mit dem klösterlichen Leben in Verbindung zu setzen.

Die Stille Stunde findet einmal im Monat statt. Hier können die Besucher am Abend eine Stunde schweigend im Klostergelände zubringen.

Nach einer kurzen Einführung wandeln einige durch die Kreuzgänge, andere suchen sich einen Lieblingsplatz. Es kommen 4 bis 40 Besucher.

Bei der Veranstaltungsreihe Kurze Rede – Langer Sinn verbinden wir Abendessen mit besonderen sinnlichen Erfahrungen. Diese Idee entwickelte sich zur Fastenzeit.

Wir wollten etwas anbieten, das sowohl die Wahrnehmung für das Essen als auch die Wahrnehmung für sich selbst und die Gemeinschaft schärft.

Schon seit einigen Jahren findet im Kloster Chorin das KonfirmandenKloster-Camp statt.

70-100 Konfirmanden aus der umliegenden Region verbringen hier 3 Tage im Kloster und spüren dem Leben der Mönche nach. Sie übernachten spartanisch, nehmen an handwerklichen Workshops teil und gestalten die Stundengebete. Dieses Angebot wird vom evangelischen Kirchenkreis verantwortet.

Die Eltern der Konfirmanden fanden die Idee so gut, dass sie so etwas auch erleben wollten. Deshalb gibt es nun die Veranstaltung „24 Stunden Kloster – ora et labora“ als ähnliches zweitägiges Projekt für Erwachsene.

In der Dauerausstellung des Klosters Chorin gibt es unter anderem einen Animationsfilm über das geistliche Leben der Mönche im Mittelalter,

und eine digitale Rekonstruktion der Klosteranlage, die man mit einer App auf dem Smartphone anschauen kann. Dadurch wird den Besuchern das zisterziensische Erbe nähergebracht.

Zukünftig ist daran gedacht, das Kloster Chorin zu einem Pilgerzentrum zu entwickeln. Gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und der Jakobusgesellschaft Brandenburg-Oderregion e.V. wird an der Wiederbelebung eines Abschnittes des Jakobsweges von Stettin nach Berlin gearbeitet. (Der natürlich auch am Kloster Chorin vorbeiführt.)

Hier sehen wir eine Karte aus dem Jahr 1500 in dem dieser Pilgerweg schon eingezeichnet ist.

Eine Gemeinsamkeit übrigens zwischen Chorin und Maastricht, (24) das ja auch an einem Pilgerweg liegt.

Auch wenn das Kloster Chorin kein Kirchlicher Ort mehr ist und dem Land Brandenburg gehört, lässt sich der ursprüngliche Geist nicht ganz vertreiben. Und auch nach einer langen Phase der Verweltlichung kann dieser Ort neue Knospen der Spiritualität entwickeln. Die Förderung meines Projektes durch die Europäische Union ist ein Zeichen dafür, dass geistliches Leben als europäisches Erbe gesehen wird, das es zu erhalten gilt.

Ich möchte Ihnen Mut machen, neue Ideen zu entwickeln und auf richtige Zeitpunkte für deren Umsetzung zu hoffen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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Über den Autor

Sven Alhelm

Kloster Chorin, Land Brandenburg