Alte Abtei Kortenberg, erklärung Torbaum

Dirck Snackaert

Mehr | Neu | Nieuw | Reflektierende Artikel

Alte Abtei Kortenberg, erklärung Torbaum

Dirck Snackaert

Mehr | Neu | Nieuw | Reflektierende Artikel
[origineel]

Die obige Zeichnung von ‚Baum mit Tor‘ ist das Symbol der Torgemeinschaft. Dieses Symbol ist im Laufe der Jahre gewachsen. Zuerst war da nur ein Baum als nettes Wortspiel auf OAK (Oude Abdij Kortenberg): eine englische Eiche als Sprachspiel englisch-niederländisch. Oft fängt etwas spielerisch an und erst hinterher erkennt man den tieferen Sinn dahinter. Der Baum erinnert sofort an die Kraft des Standortes der alten Abtei. Die Natur in der Domäne ist ein starker Trumpf. Alte Bäume, die zusammen allein stehen in einem abgezaunten Bereich, verbindenwie von selbst ihre Energie und Pracht und Ausstrahlung miteinander. Viele Bäume in OAK haben Äste, die bis zum Boden reichen. Das gibt einem das Gefühl, das Hohe, das Himmlische berühren zu können. Das gibt der Abtei einen großen paradiesischen Streichelfaktor. Die Bäume stehen als eine Art Beispiel für zärtliche Menschen aus einem Stück, die alleine dastehen, aber erkennen, dass sie auf den anderen/ dem Anderen nicht verzichten können.

Neben der Zeichnung des Baumes war auch ein Foto des alten Tores der OAK im Umlauf. Das älteste und noch relativ intakt erhaltene Stück OAK. Ein Tor ist ein Durchgang zu, eine Verbindung mit einer anderen Welt. Abteien haben Tore, als Abschottung zur Welt. Das extremste ist das Kartäusertor. An diesem Tor stoppt alles Welt. Das Tor von OAK steht in scharfem Kontrast dazu. Das Tor ist nicht einmal mehr im Besitz der Abtei. Er wird nicht mehr als Durchgang genutzt, da das gesamte Gelände offen ist. Entlang von Löchern, Straßen, Palettenbrücken, Türen und Toren fließt das Leben fast schwellenlos hinein. Die Welt fließt voll in das Tor hinein, aber sie wird aufgefordert, ihre Schuhe auszuziehen; ihre Logik von stärker, mehr und größer abzulegen. Andere Logiken hängen bereit an der Wand: Sorge, Aufmerksamkeit, Seele, Freiheit, Freude, Verbindung, echtes Leben, Ungezwungenheit, Gastfreundschaft. Tor steht auch für persönliche Veränderung. Paulus wurde am Damaskustor zu Boden geworfen (Apg. 9,1-9) Kafka hat seine Geschichte vom Wächter am Tor des Lebens (siehe weiter). Ein Tor steht im geistigen Sinne für Veränderung, Perspektivenwechsel, Bekehrung, Weitergehen. Ein Ort, an dem Tiefe die Oberflächlichkeit verdrängen kann und die Seele Raum bekommt.

Home

Das Tor ist zu einem weißen Rechteck geworden und wurde in den Stamm des Baumes eingefügt. Auf diese Weise verschmolzen die einzelnen Bilder nach einigen Jahren zu einem einzigen Bild. Es verweist dadurch auf das Gemälde von Magritte: die Stimme des Blutes. Wer sich öffnet, entscheidet sich, nach innen zu gehen, entdeckt das göttliche Projekt (Kugel) und das eigene tiefste menschliche Projekt (von innen beleuchtetes Haus) als das schlagende Herz seines/ihres Lebens. Dadurch beginnt das Blut zu singen. So ist das Bild des Torbaums zum Symbol für eine Grundintuition des Christentums geworden: Jeder Mensch ist ein Kind Gottes. Für jeden Menschen auf der Suche nach seinem tiefsten göttlichen Kern.

Erst kürzlich wurden Figuren in die Krone des Baumes gezeichnet. In OAK ist im vergangenen Jahr eine Gemeinschaft gewachsen. Eine Laienabtei: die Pfortengemeinschaft, die jeden Montag einen ganzen Tag lang die Abtei bewohnt und damit das inspirierende Herz der Abtei bildet. Die Torgemeinschaft ist eine religiöse Gemeinschaft, die sich nicht in die Einsamkeit zurückzieht, sondern mitten in der Welt wie ein Tor ist, wo sie betet und das Gute tut. Immer wieder den Durchgang aus Wohnen-Arbeit-Leben, zurück zum Wohnen-Arbeit-Leben machen. Immer wieder, und immer wieder anders. Im Tor zu bewegen, verweilen und dort zu bleiben als religiöse Gemeinschaft, braucht keine schweren Strukturen und Regeln, sondern eine greifbare und veränderbare Form. Eine Art des Zusammenkommens, die zu den Klängen der spirituellen monastischen Tradition tanzt, mit der die Benediktinerinnen vor tausend Jahren am gleichen Ort begannen. Auf diesen Fundamenten baut die Pfortengemeinschaft ein neues Haus mit Fenstern, die offen sind für die Freude und Hoffnung, die Trauer und Verzweiflung der Menschen von heute. In der Mitte hängt der Jesus von Nazareth, der an der Logik der Welt gestorben und als Christus in der Logik der Liebe auferstanden ist.

Home